Jahresabschluss und Top Ten

Jahresabschluss und Top Ten

»Das neue Jahr sieht mich freundlich an, und ich lasse das alte mit seinem Sonnenschein und Wolken ruhig hinter mir«, schrieb Goethe mal treffend. Und weil sich auch für uns 2015 langsam aber sicher dem Ende zuneigt, 2016 freundlich, weil wir uns Ziele setzen, die wir meist eh nicht erreichen werden, anschielt, empfiehlt sich ein kleiner Rückblick: Zehn persönliche Lese-Highlights mit Kommentaren versehen, ohne Ranking, dafür alphabetisch geordnet.

  • Brodsky, Joseph – Erinnerungen an Leningrad: Zwei Essays, die mich so gefesselt habe, dass ich auf dem Balkon erst aufhören konnte, als alles dunkel um mich herum war. Brodsky schildert darin seine Kindheit und das innige Verhältnis zu seinen Eltern. So empathisch verfasst, dass man danach die eigene Mama und den eigenen Papa anruft, um Danke zu sagen.
  • Bulgakow, Michail – Der Meister und Margarita: Klassiker und Mixtur aus Satire, Tragikomödie mit phantastischen, metaphysischen Elementen versehen – kunstvolles auf-die-Schippe-nehmen der Sowjetunion. Anspruchsvoll und unterhaltsam.
  • Fallada, Hans – Der Trinker: Verarbeitung einer zerstörerischen Alkoholsucht. Der tiefe Fall eines Normalos, der nicht mehr aufgefangen wird.
  • Knausgård, Karl Ove – Lieben: Love him or hate him. Den Norweger nahm ich mir bereits zum zweiten Mal in den Urlaub mit, nachdem es beim ersten Mal mit »Sterben« so gut geklappt hat. Im Alltag könnte ich ihn, glaub ich, nicht lesen. Autobiografische Einordnungen: Wer bin ich? Was mache ich wieso? Die Folgen für den voyeuristischen Leser sind dabei vertiefende Denkprozesse, die auf den eigenen Charakter hindeuten und ihn plastisch zerlegen können, nachdem Knausgård die Steine ins Rollen gebracht hat.
  • Nabokov, Vladimir – Lushins Verteidigung: Dritter Roman von Nabokov und sein erstes Meisterwerk. Handelt von einem Außenseiter und genialem Genie, das irgendwann nicht mehr zwischen der Realität und dem Schachspiel unterscheiden kann.
  • Rolin, Olivier – Der Meteorologe: Über das Leben des Wolkenforschers und des Gründers des ersten sowjetischen Wetteramts, Alexei Wangenheim, der wie viele andere von Stalins Vernichtungsmaschine zermalmt wurde.
  • Sorokin, Vladimir – Telluria: Ein Blick in die Glaskugel und die Folgen für den Planeten. Vielschichtig, anders, ungewohnt und in einem besonderen Stil verfasst.
  • Szczypiorski, Andrzej – Die schöne Frau Seidenman: Bei einem Flohmarktbesuch entdeckt. Fiktive Portraits von Menschen, die von der nationalsozialistischen Besatzung in Warschau betroffen sind, durch die auch deutlich wird, welcher Spielball der Großen Polen eigentlich gewesen ist.

3 thoughts on “Jahresabschluss und Top Ten

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